ARBEITSRECHT


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Arbeit ist keine Ware

Qualifizierte Kräfte unbezahlt arbeiten zu lassen ist sittenwidrig

Früher war es undenkbar, jemandem nach dem Hochschulstudium ein Vollzeitpraktikum anzubieten. Das wäre als unverschämt und sittenwidrig wahrgenommen worden. Auch die Politik und die Rechtsprechung sieht dieses Problem immer mehr, z.B. anhand von gehäuften Klagen, die sich auf den § 138 oder 612 BGB beziehen (sogenannte "Sittenwidrigkeit" eines Rechtsgeschäfts).

Letztlich hängen da gesellschaftliche Wertvorstellungen dran. Wer sagt denn grundsätzlich, dass man einen noch relativ jungen Akademiker/Akademikerin nicht einstellen sollte und sie trotzdem ausbilden, einarbeiten sollte?

In dem neuen Hamburger PiA-Urteil, die Recht erhielt und sich 33.000,- Gehalt einklagte, steht denn auch, dass die PiA auch die Supervisionen vergütet bekommen muss. Dies fällt in die Arbeitszeit und: Supervision gehört auch bei "schon ausgebildeten" Psychologen zum normalen Berufsalltag!

Die Vorstellung "Warum sollte der Arbeitgeber jemand Unerfahrenen einstellen" spiegelt eine Verinnerlichung eines ökonomistischen und neoliberalen Bilds wieder.

Arbeit ist keine Ware, die veräußert werden kann

Der philosophische Grundansatz ist historisch im deutschen Arbeitsrecht jedoch durch die Vorstellung des Kapitalbesitzers und des abhängig Beschäftigten geprägt. Es wird in dem Urteil auch von der Arbeitsrichterin angeführt und es lohnt sich, sich das zu vergegenwärtigen:

"Die Schutzfunktion des Arbeitsrechts ist gefragt, weil der Arbeitsmarkt anderen Regeln zu folgen hat als Güter- oder Kapitalmärkte. „Wer Arbeit leistet, gibt keinen Vermögensgegenstand, sondern sich selbst hin“ (Sinzheimer, Das Wesen des Arbeitsrechts, in: Sinzheimer, Arbeitsrecht und Rechtssoziologie, Bd. 1, 108,110)."

Vielleicht ist das deutsche Arbeitsrecht samt seiner historischen Wurzeln fortschrittlicher als mancher hier glauben mag. Jedenfalls ist der Mensch in Deutschland noch lange keine "Ware".

Die gesellschaftliche Verantwortung der Arbeitnehmer, "on the job" zu qualifizieren

Es geht da auch um die Verantwortung des Arbeitgebers für sein Personal/die Arbeitnehmer. Die Arbeitgeber konnten sich aufgrund der wirtschaftlichen Veränderungen in Deutschland in den letzten 10-15 Jahren unheimlich aus dieser Verantwortung herausstehlen und wollen nun nur noch komplett ausgebildete, erfahrene Fachkräfte einstellen, bei denen sie von der ersten Minute an hohen Ertrag erwarten können. Aber stimmt dieses Bild so, trägt es sich - auch gesellschaftlich?

Es wird da ein Umdenken geben müssen, die Arbeitgeber müssen auch für berufsbegleitende Ausbildung wieder Verantwortung übernehmen.

Bei den Krankenschwestern und Pflegern bekommen diejenigen Kliniken, die ausbilden, von anderen Kliniken, die diesem gesellschaftlichen Auftrag nicht nachkommen eine Art Soli-Beitrag aus einem gemeinsamen Topf erstattet. Die Ausbildungsvergütungen sind in einem Gesetz, dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) gesetzlich vorgeschrieben. Warum sollte es das alles in der Zukunft bei einem immer wichtiger werdenden Beruf im Gesundheitswesen, den Psychotherapeuten, nicht geben?

Aus der Urteilsbergründung:

"Die Vorstellung des lebenslangen Lernens basiert geradezu auf der Annahme, dass Arbeit mit Lernen verbunden sein kann. Im Fall der Klägerin ist es umso nahe liegender, von einer Ergänzung und Erweiterung ihrer beruflichen Fähigkeiten auszugehen, nicht aber von einem ersten Kennenlernen einer beruflichen Tätigkeit überhaupt. Denn die Klägerin ist diplomierte Psychologin und war bereits jahrelang in ihrem Beruf tätig."

++Florian Hänke Dez. 2012++